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                                    Kirchners Skulpturengarten in der Pforzheimer Friedenstra%u00dfe zeigt flie%u00dfende Konturen, denn nicht alles isterkannt und ausgedeutet. Nicht Jedes will zugeordnet sein und bescheinigt, und so bleibt es des K%u00fcnstlersVorrecht, auch das R%u00e4tselhafte nachzubilden und zu formen.Kirchner braucht dazu die Szenerie und wendet diese sinnf%u00e4llig und durchaus vordergr%u00fcndig an. Er scheutnicht das Sch%u00f6ne und wei%u00df es vom Gef%u00e4lligen zu unterscheiden, und dort, wo ihm die Zwischent%u00f6ne zuverhalten vorkommen, entscheidet er sich eher f%u00fcr eine deutliche Palette. Er wagt das Gro%u00dfe Format. Die Marmorgruppe %u201eAn der Quelle%u201c beansprucht ein Ausma%u00df von 240x180x120 cm und steht damitdoch nur am Beginn seiner gro%u00dfenAu%u00dfenanlagen.Es sind Auftragsarbeiten, die derK%u00fcnstler u.a. in Landshut und Salzburg aufstellte, Denkm%u00e4ler zur Vertreibung und zum Heimatverlust derOst- und S%u00fcdostdeutschen nachdem Zweiten Weltkrieg. Er selbsthat seine Banater Heimat verlassenals sie, auch 35 Jahre nach Kriegsende, weder Schutz noch Geborgenheit zu bieten in der Lage war undden Freiraum des K%u00fcnstlers als Gehorsam auslegte. Es war die Preisgabe einer in Jahrhunderten erworbenen Heimat und des damit verbundenen rechtm%u00e4%u00dfigen Anspruchs aufZugeh%u00f6rigkeit %u2013 die unfreundliche%u00dcberstellung in ein aufnahmebereites freies Land. Halb und halb %u2013 somochte es wohl weitergehen f%u00fcr einen, der als Fl%u00fcchtling ins %u201eLand derV%u00e4ter%u201czur%u00fcckkehrte. In die Freiheit alsFremder.Der Landshuter Auftrag fand denK%u00fcnstler somit nicht unvorbereitetvor. Es war %u2013 wie h%u00e4tte es anderssein k%u00f6nnen %u2013 sein eigenes Themavon Flucht und Ankunft, das er,kleinfig%u00fcrlich zun%u00e4chst, darstellte %u2013Heimatlosigkeit und Herbergssuche. %u201eGekreuzigt%u201c %u2013 eine Messingskulptur %u2013 stellt den hingerichteten Christus vom Kreuz losgel%u00f6st dar, schutzlos, verkannt und verlassen. Das Thema %u201eMutter mit Kind%u201c schneidetKirchner ikonenhaft ins Holz, und seine %u201eR%u00fcckkehr des verlorenen Sohnes%u201c ist sinnbildhaft %u00fcber das biblische Motiv hinaus gehoben.
                                
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