Page 181 - Demo
P. 181
Triumphwagen %u2502 Kohlezeichnung %u2502 80x120 cm %u2502 2020Kirchners vordergr%u00fcndig gesellschaftskritische Bilder wollen nicht politisch sein. Es ist die existentialistischeSelbstwahrnehmung, die uns der K%u00fcnstler vermitteln will, der Mut zur Wahrheit in und hinter den Dingen alsVoraussetzung f%u00fcr einen tats%u00e4chlichen gesellschaftlichen Wandel oder auch nur f%u00fcr einen Hauchselbstkritischer Einsicht.Wir wissen, dass die Kunst ihre Aufgabe nicht im Ver%u00e4ndern der Welt sieht - sie beschr%u00e4nkt sich darauf, dieWelt zu zeigen, wie sie ist. Das aber enth%u00e4lt alles, was uns dazu einfallen kann. Wer wegsieht, h%u00e4lt sich damitnicht raus. Kirchner sieht hin, und das macht seine Kunst heutig und ehrlich. Sie zeigt uns hilflos undeinfallslos, ohne R%u00fccksicht auch und abh%u00e4ngig von der medialen Berieselung. Wir sind unempfindlichgeworden f%u00fcr Botschaften jeder Art. Wir vertrauern und ver%u00f6den, aber wir sind nicht darauf aus, gegen dasvorzugehen, was uns l%u00e4hmt. Wie Kirchner das darzustellen versteht und, ohne aufdringlich zu wirken,kompositorisch auf die Aussage hin verarbeitet, verr%u00e4t den Meister. Da ist nichts Zuviel und nichts geschm%u00e4lert. Die Tragik unserer Welt %u00e4u%u00dfert sich in seinen Bildern sowohl in dem, was geschieht, als auchin dem, was gesellschaftlich unterlassen wird.Franz Heinz179

